Pöttering: Referenden für begrenzte Zeit aussetzen

09.06.2005

Vor der Gefahr der Orientierungslosigkeit der Europäischen Union nach den Referenden in Frankreich und den Niederlanden hat der Vorsitzende der EVP-ED-Fraktion im Europäischen Parlament, Hans-Gert Pöttering, in einer Plenumsdebatte mit dem Rat und der Kommission gewarnt. „Die Europäische Union kann nicht alle Aufgaben, die vor uns liegen, lösen, aber ohne die EU können wir keine dieser großen Aufgaben lösen“, sagte Pöttering. Das Ziel der europäischen Einigung sei richtig, auch wenn der Weg nicht unumstritten sei.

„Das Ziel der europäischen Einigung bleibt richtig“.
Frankreich und die Niederlande könnten nicht für alle anderen Länder in der Europäischen Union entscheiden. Elf Länder mit 220 Millionen Bürgerinnen und Bürgern hätten die Verfassung bereits ratifiziert, dreizehn weitere Länder, die die Verfassung noch nicht ratifiziert haben, müssten das Recht haben, sich zu äußern. Allerdings müsste jetzt politische Klarheit darüber gewonnen werden, welches die weiteren Schritte auf dem Weg der Ratifizierung sein sollten. Dies werde die wichtigste Aufgabe des nächsten Treffens des Europäischen Rates sein. Wahrscheinlich sei es richtig, während einer Phase des Nachdenkens über Auswege aus der Krise weitere Referenden bzw. die Ratifizierung für eine begrenzte Zeit auszusetzen.
Neben der Unbeliebtheit von Regierungen, einem negativen Gefühl gegenüber „Brüssel“ im Allgemeinen, sei es vor allem die Fortführung des Erweiterungsprozesses der Europäischen Union und die Sorge vor einer politischen, geographischen und kulturellen Überdehnung der Europäischen Union, die für die negativen Stimmen verantwortlich seien. Den Menschen gehe vieles einfach zu schnell. „Hieraus müssen wir die Konsequenzen ziehen“, erklärte Pöttering, Erstens müsse sich die Europäische Union auf das Wesentliche konzentrieren, das Subsidiaritätsprinzip verstärkt anwenden und nur dort Initiative ergreifen, wo die einzelnen Mitgliedstaaten nicht effizient handeln können. Zweitens müsse mit der Erweiterung besonnen umgegangen werden. Es gelte „pactae sunt servandae“ sowohl für die Europäische Union als auch für die Länder, die der Europäischen Union beitreten wollen. Pöttering forderte die Kommission auf, bei den Fortschrittsberichten zu Rumänien und Bulgarien ein objektives und ehrliches Bild der wirklichen Lage zu zeichnen.
Gegenüber der Türkei müsse die Europäische Union auf Erfüllung aller Bedingungen, insbesondere auch der Anerkennung Zyperns, bestehen. „Es muss deutlich werden, dass die Verhandlungen mit der Türkei ergebnisoffen geführt werden, d.h. zur Mitgliedschaft führen könne, aber nicht zwangsläufig, und dass auch die Nichtmitgliedschaft im Sinne einer „privilegierten Partnerschaft“ am Ende des Verhandlungsprozesses als Möglichkeit stehen kann“.
Mit einem Erfolg bei der finanziellen Vorausschau könne der Europäische Rat ein positives Signal für die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union setzen und wieder Vertrauen in die Europäische Union schaffen. Dabei müssten alle mitwirken; diejenigen, die auf der Ein-Prozent–Grenze des Bruttosozialproduktes bestehen, insbesondere aber auch Großbritannien mit seinem Beitragsrabatt. Die Krise müsse eine Chance sein, auch neue Wege zu beschreiten.

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