Plenarrede vom 26. Januar 2012

26.01.2012

Plenarrede vom 26. Januar  2012 zu TOP 9.
Das E.ON-Ferngasnetz gehört in die öffentliche Hand (Antrag der Fraktion DIE LINKE)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war etwas verwundert: Ihren Antrag musste ich gleich zweimal durchlesen, nicht weil ich ihn für so gelungen hielt, sondern weil er einfach wirr und wenig strukturiert wirkte.
(Beifall von der FDP)
Alles wird vermischt: Regulierung, Verstaatlichung, Gründung einer Bundes- oder NRW-Netzgesellschaft, Atomenergie und auch noch die Arbeitsplatzsicherung bei E.ON. Das sind sicherlich richtige Ziele und wichtige Dinge, aber all das in einen Antrag zu packen, ist, glaube ich, nicht vonnöten.
Ihr Vorschlag lautet, eine Netzgesellschaft zu gründen, entweder beim Bund oder in NRW; das ist auch nicht so ganz klar. Aber warum sollte das eigentlich geschehen? Ist die Leistungsfähigkeit des Gasnetzes in Gefahr? Nein. Das Gegenteil ist der Fall: Die Sicherheit ist gegeben, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit sind gegeben. Das Gas wird sicher an die Verbraucher geleitet.
Soll es sich um eine NRW-Gesellschaft handeln? Wo ist da der Sinn? Technisch ist es kaum machbar, das Netz für Nordrhein-Westfalen abzusondern. Oder soll es möglicherweise gleich für den ganzen Bund übertragen werden? Und an wen richtet sich der Antrag? Wenn Sie schon an europäische Gesellschaften denken, warum nicht gleich die Geschäfte in Frankreich oder sonst wo mit in den Fokus nehmen?
Besonders bemerkenswert ist die Renditerechnung der Fraktion Die Linke. Da kann man nur mit dem Kopf schütteln. Da wird einem angst und bange. Wenn Sozialisten rechnen, sollte man sich gleich Sorgen um eine mögliche öffentliche Netzgesellschaft machen. Allenfalls sind dort negative Renditen zu erwarten. Den Begriff „Rendite“ verwenden Sie gleich mehrfach. Sie malen schwarz und weiß und prangern an, dass sich die Privaten die Taschen damit dick gemacht haben; aber der Staat könne möglicherweise eine Rendite machen. Also: Wenn der Staat Rendite erzielt, ist das gut, bei Privaten schlecht. Das ist ein Anachronismus.
Die Refinanzierung durch den Staat sei günstiger. Hier haben Sie offensichtlich die Subventions- und Beihilfeproblematik nicht mit in den Blick genommen. Sie sagen:
„Es ist nicht mit dem Gemeinwohl vereinbar, wenn der Allianz-Konzern das Ferngasnetz in NRW steuert und über energiepolitisch wesentliche Investitionen entscheidet.“
Sollte das wider Erwarten der Fall sein, gibt es immerhin aufsichtsrechtliche Maßnahmen. All das ist in den Blick genommen worden. Es gibt Durchleitungsrechte, die wettbewerbsneutral sind. Es gibt die Anreizregulierung, die auch zu den Renditen klare Vorgaben macht. Zu befürchten ist vielmehr, wenn Sie von den Linken über die Netze wachen würden, dann wäre das Gemeinwohl gefährdet.
(Zuruf von Bärbel Beuermann [LINKE])
Grundgesetz und EU-Verträge, also das Gemeinschaftsrecht, sind bei der Eigentümerstruktur grundsätzlich neutral. Es spielt also keine Rolle, ob private oder öffentliche Eigentümerstrukturen gegeben sind. Denkbar sind Stadtwerke als Eigentümer – Stichwort: Trianel zuletzt –, rein Private, also auch die Allianz, oder Mischformen zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Gesellschaftern. Das ist soziale Marktwirtschaft im besten Sinne. Beim Verkauf sollte das beachtet werden. Ich gehe davon aus, dass die Eigentümer der E.ON so etwas schon aus übergeordneten Gründen beachten würden.
Wichtig und entscheidend ist aber: Können zukünftige Investitionen gerade wegen der Energiewende gestemmt werden oder nicht? Der Staat muss da nicht unbedingt mitmischen – er kann es natürlich –, sondern er sollte vielmehr den Rahmen vorgeben. Das Energiewirtschaftsgesetz macht klare Vorgaben: Preisgünstigkeit, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung. Die Gesellschafterstruktur ist dagegen nicht im Energiewirtschaftsgesetz geregelt.
Stadtwerke oder andere Versorger benötigen ein leistungsfähiges Netz. Wir müssen uns die Frage stellen: Könnte und sollte ein Land wie Nordrhein-Westfalen oder gar der Bund all diese Investitionsentscheidungen treffen? Ich glaube, ihr Antrag zielt allein darauf ab, die Privatwirtschaft zu diskreditieren. Das ist inhaltlich von vorgestern.
Merci, so etwas brauchen wir nicht. Ihr Antrag ist ein Rückfall in überkommene Ansichten. Er trägt nicht zum Erreichen der energiepolitischen Ziele bei; er ist reine Ideologie. Deswegen wird die CDU ihn ablehnen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von der CDU und von der FDP)

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