Merkel für Gottesbezug in EU-Verfassung

28.05.2006

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihre Forderung nach Aufnahme eines Gottes-Bezugs in die Präambel der geplanten EU-Verfassung erneuert. „Wir leben in einer Welt, in der wir uns mit anderen Religionen und Kulturen verstehen und verständigen wollen“, sagte die CDU-Vorsitzende am Donnerstag auf dem Katholikentag in Saarbrücken. Dazu gehöre, dass man sich „zur eigenen Kultur und zu den eigenen Wurzeln“ bekenne. Der Bezug auf Gott konnte gegen den Widerstand Frankreichs bislang nicht in der EU-Verfassung verankert werden.

Dabei begründe der Gottes-Bezug in der EU-Verfassung keine Verpflichtung, betonte die Bundeskanzlerin. Denn auch Andersgläubige könnten in Deutschland und Europa ihren Glauben praktizieren. Wichtig sei aber, dass durch den Gottesbezug jeder erfahre, woher die wesentlichen Wurzeln unserer Kultur herrührten. Seit den gescheiterten Referenden in Frankreich und in den Niederlanden liegt der Verfassungsprozess auf Eis. Am kommenden Wochenende treffen sich die Außenminister der 25 EU-Mitgliedstaaten in Wien, um über einen Ausweg aus der EU-Verfassungskrise zu beraten.
Europäische Einigung als Quelle des Friedens
Dank der Europäischen Union sei dem Kontinent eine historisch einmalige Friedenszeit geschenkt worden, sagte die Kanzlerin weiter. Wer aber dennoch manchmal an Europa verzweifle, solle sich die Soldatenfriedhöfe ansehen. In diesem Zusammenhang gratulierte Merkel dem früheren luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker, dem zeitgleich in Aachen der renommierte Karlspreis verliehen wurde.
Grenzen der Erweiterung
Die Bundeskanzlerin äußerte sich zurückhaltend über weitere Beitrittswünsche in die Europäische Union. Deshalb müsse festgelegt werden, wie mit Nachbarstaaten eng kooperiert werden könne, „ohne dass jeder gleich Mitglied der EU wird“. Gleichwohl benötigten die Länder des Balkans eine europäische Perspektive, ansonsten seien die Konflikte dort nicht zu überwinden, betonte Merkel. Mit Blick auf die Türkei sagte die Kanzlerin, es werde noch lange dauern, bis dieses Land die Kriterien erfülle. Skeptisch äußerte sie sich zu Beitritten Moldawiens oder der Ukraine: „Ich glaube, das werden wir nicht schaffen, das wird die Menschen verängstigen“.
Nicht mit Arbeitslosigkeit abfinden
Bereits am Donnerstagmorgen war die Bundeskanzlerin in Saarbrücken eingetroffen und nahm an der zentralen Eucharistiefeier auf dem Ludwigsplatz mit mehr als 11.000 Gläubigen teil. Nach der Messe trug sie sich in das Goldene Buch der Landeshauptstadt ein. Bei einem Rundgang auf der „Kirchenmeile“ besuchte Merkel mehrere Infostände. So informierte sie sich über die Arbeit des katholischen Hilfswerks Misereor, das Projekte in der Dritten Welt unterstützt, und den Katholischen Frauenbund.
Außerdem besuchte die Bundeskanzlerin junge Metallbauer und Friseurinnen der kirchlichen Initiative „Aktion Arbeit“, die sich für schwer vermittelbare Jugendliche einsetzt. Als zwei besonders große Problem-Gruppen nannte Merkel am Stand die über 50-Jährigen, die trotz ihrer Berufserfahrung praktisch keine Chancen auf einen neuen Arbeitsplatz mehr hätten, und die Jugendlichen. Über die derzeitige große Lücke bei Ausbildungsplätzen werde das Kabinett noch einmal beraten, versicherte die Kanzlerin und verwies auf den „Tag der Ausbildung“ am kommenden Montag. „Wir fühlen uns gefordert“, fügte sie hinzu.
Der Katholikentag war am Mittwochabend mit der Forderung nach mehr sozialer Gerechtigkeit und Kritik an einem ungezügelten Kapitalismus eröffnet worden. Das fünftägige Christentreffen mit rund 26.000 Dauerteilnehmern steht unter dem Motto „Gerechtigkeit vor Gottes Angesicht“ und stellt vor allem soziale Fragen in den Mittelpunkt. An diesem Freitag wird Bundespräsident Horst Köhler in Saarbrücken erwartet.

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