„Europa braucht den Verfassungsvertrag“
7. Juni 2006
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich für eine Rückkehr zum europäischen Verfassungsprozess nach einer Phase des Nachdenkens ausgesprochen. Nach einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Jacques Chirac in Schloss Rheinsberg sagte Merkel, der Verfassungsvertrag sollte nach dieser Reflexionsphase wieder auf die Tagesordnung genommen werden.
Merkel und Chirac verabredeten ein Verfahren für die weitere Beschlussfassung über die EU-Verfassung. Die in Frankreich und den Niederlanden per Volksabstimmung abgelehnte Verfassung werde in der deutschen Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 „wieder auf die Tagesordnung gehoben“, sagte Merkel. „Ein funktionsfähiges Europa braucht den Verfassungsvertrag“, erklärte die Kanzlerin.
„Ich vertraue auf die deutsche Präsidentschaft, dass sie den Zug erneut in die richtige Richtung in Bewegung setzen wird“, fügte der französische Präsident Chirac hinzu. Die deutsche Präsidentschaft werde „eine Synthese der möglichen Lösungen“ vorlegen, erläuterte er. Die französische Präsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2008 solle dann „erlauben, die Schwierigkeit zu überwinden“. In der Zwischenzeit werde sich die französische Regierung darum bemühen, die Funktionsweise der europäischen Institutionen schon zu verbessern, bevor die bestehenden Verträge verändert würden.
Ebenfalls Gegenstand der Gespräche in Rheinsberg waren weitere europapolitische und internationale Themen, darunter die Entwicklung im Irak sowie der Atomstreit mit dem Iran. Auch der nächste EU-Gipfel Mitte Juni in Brüssel kam zur Sprache.
An der Zusammenkunft im Rahmen der so genannten Blaesheim-Treffen nahmen auch die Außenminister beider Länder, Frank-Walter Steinmeier und Philippe Douste-Blazy, teil. Die Blaesheim-Treffen finden seit 2001 regelmäßig abwechselnd in Deutschland und Frankreich statt. Merkel und Chirac trafen sich in diesem Rahmen bisher zwei Mal, im vergangenen Dezember in Berlin sowie im Januar in Versailles.